22. Lahntallauf 2014: Pain is temporary, pride is forever!

Lahntallauf 2014

Ist es riskant oder leichtsinnig, nach zahlreichen Verletzungspausen und praktisch ohne entsprechende Vorbereitung, einen Halbmarathon zu laufen? Ist es vielleicht sogar verrückt? Ich weiß es nicht. Aber ich kann nun durchaus nachvollziehen, warum sich manche Sportler für ein besonderes Event sogar „fitspritzen“ lassen. Ganz so weit würde ich zwar nicht gehen, aber auch ich tat so einiges, um beim Lahntallauf an den Start gehen zu können.

Ursprünglich sollte es mein erster Lauf über die Marathondistanz werden. Dieses Vorhaben musste ich allerdings aufgrund der hartnäckigen Wadenverletzungen schon früh begraben. Als ich mich im Januar wieder genesen wähnte, blieb mir aber noch immer genügend Vorbereitungszeit für einen Halbmarathon. Doch bis Anfang Februar setzte mich dann eine weitere Muskelverletzung außer Gefecht.

Die Zeit wurde langsam knapp. In meiner Verzweiflung besorgte ich mir sogar Kompressionsstrümpfe. Und das, obwohl ich diese im September beim Airport Race in Hamburg noch verspottet hatte (was allerdings auch daran lag, dass ich statt mit Stützstrümpfen mit Restalkohol und Schlafdefizit ins 10 Meilen Rennen gegangen war). Zur Unterstützung/Entlastung der lädierten Wadenmuskulatur war mir nun jedoch jedes Mittel recht. Zeitweise trainierte ich sogar wieder in Schuhen und änderte den Laufstil (Mittelfuß-/Fersenlauf). Whatever it takes!

Nach meinem ersten etwas längeren Lauf (10 km) in Huaraches seit Mitte Januar, plagte mich tagelang Muskelkater. Und es verblieben nur noch wenige Tage bis zum Lahntallauf. Am Donnerstag musste ich dann einen Lauf in Schuhen bereits nach sieben Kilometern beenden, da sich die Wadenmuskulatur so verhärtet anfühlte, als könne sie jeden Moment reißen. Zu meiner Überraschung konnte ich tags darauf jedoch schon wieder beschwerdefrei gehen. Am Samstag versuchte ich dann mit einem lockeren Test über drei Kilometer auszuloten, ob die Wade hält oder nicht. Sie hielt!

Sonntagfrüh eilte ich also zur Nachmeldung und kurz darauf zum Startpunkt an den Lahnwiesen. Natürlich wieder in Huaraches! Ohne wäre es einfach nicht das Gleiche. Etwa so, als wäre man bei einem Fußballspiel zwar im Stadion, säße aber hinter einem Pfeiler. Eine Zielzeit hatte ich nicht wirklich vor Augen. Bei meiner Vorgeschichte (im gesamten Februar kam ich nur auf magere 62 km), erachtete ich das Erreichen der Ziellinie bereits als ambitioniertes Ansinnen. Aus diesem Grund ließ ich mir die Pace auch gar nicht erst über den Kopfhörer ansagen.

Die ersten zwei Kilometer kämpfte ich mich wieder munter durch die Reihen nach vorne. Links vorbei, rechts über das Gras, abstoppen, die Lücke suchen und beschleunigen… Bald darauf fiel mir ein, dass dieses Vorgehen in meiner Situation vielleicht nicht unbedingt klug war. Da war ich allerdings bereits aus dem Gröbsten raus und konnte ungestört mein Tempo laufen.

Doch schon nach acht Kilometern hatte ich ordentlich mit mir selbst zu kämpfen. Und weit und breit niemand in Sicht, an dessen Fersen ich mich hätte heften können. Aber das waren nicht meine einzigen Sorgen. So langsam begannen meine Füße zu schmerzen. In etwa so, als hätte man kleine Steinchen im Schuh. Die Erfahrung hat mich gelehrt, auf diese Weise kündigen sich Blasen an. Eine hatte ich mir bereits am vergangenen Montag zugezogen. Kein Wunder, meine Füße sind längere Distanzen in Huaraches einfach nicht mehr gewohnt.

Lahntallauf 2014
Glücklich und zufrieden, auch wenn es nicht so ausschaut!

Kurz nach der ersten Runde (die 10 km Marke passierte ich nach 46:41 min.) hielt ich zum ersten Mal an einer Verpflegungsstation an. In diesem Moment überholten mich zwei Läufer, die ein gutes Tempo drauf hatten. Alleine wäre ich vermutlich wesentlich langsamer gelaufen, so aber blieb ich ganz dicht hinter ihnen und konnte sogar zeitweise vom Windschatten profitieren. Ab Kilometer 15 sehnte ich mir nur noch die Ziellinie herbei. An beiden Füßen waren mittlerweile Blasen aufgeplatzt. Es brannte fürchterlich und jeder Schritt schmerzte.

An einer leichten Steigung wurden wir von mehreren anderen Läufern überholt. Einer trug ein Shirt mit der Aufschrift „Pain is temporary, pride is forever.“ Ich musste lachen, besonders weil der Spruch auf der Rückseite prangte, nicht auf der Front. Die Schmerzen an meinen Füßen werden vergehen, aber der Stolz darüber, unter diesen Umständen einen Halbmarathon gelaufen zu sein… nun ja, der auch… Aber immerhin wird er von etwas längerer Dauer sein.

Auf den letzten zwei Kilometern musste ich schließlich auch noch meine letzten beiden Pacer ziehen lassen. Lächeln konnte ich da schon lange nicht mehr. Gefühlt war ich mittlerweile mit einer Pace von 6 min/km unterwegs. In meinem Kopf hörte ich praktisch unaufhörlich eine Stimme fragen: „Wann sind wir endlich da?“ Als ich schließlich die Uhr im Zielbereich erblickte, wurden urplötzlich noch einmal letzte Kräfte für den Schlussspurt mobilisiert. Ich überquerte die Ziellinie nach 1:40:21 Stunden.

Meine Nettozeit (1:39:48) liegt damit sogar unter den magischen 100 Minuten. Gegenüber meinem ersten Halbmarathon im Sommer konnte ich mich also um 74 Sekunden verbessern. Danach hatte es sich wahrlich zu keiner Zeit angefühlt. Und auch wenn es auf dem Foto oben nicht so ausschaut, aber die Freude überwiegt den Schmerz. Dass ich den Rest des Sonntags im Bett verbrachte, darf man an dieser Stelle mal ausblenden. Denn, pain is temporary…

ramponierte Fußsohlen nach Halbmarathon in Sandalen.

2 Kommentare

  1. Wow, eine super Zeit ! Meinen ersten bin ich in 1:50:09 h gelaufen und hoffe dieses Jahr besser zu sein und die 4 sehen zu dürfen 🙂 doch leider bin ich aufgrund einer Verletzung vorerst mal ruhig gestellt! Dann folge ich eben dir, wie du läufst 🙂 xxx A.

  2. danke! aber den ersten hm in 110 minuten zu laufen, ist doch auch nicht übel. beim lahntallauf wärest du mit der zeit bei den frauen auf jeden fall ziemlich weit vorn mit dabei gewesen.

    ich bin zum glück wieder beschwerdefrei und trete schon am wochenende zu meinem nächsten hm an. diesmal werde ich es aber zusammen mit einem kumpel etwas ruhiger angehen lassen. wir peilen ungefähr die 110 min. an.

    ich wünsche dir auf jeden fall, dass du deine verletzung schnell überwinden und noch dieses jahr eine neue persönliche bestzeit laufen kannst!

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