Update: Nike+ Running vs. Runtastic PRO

Nike+ Running vs. Runtastic PRO

Vor gut neun Monaten habe ich hier schon einmal die Running Apps von Runtastic und Nike miteinander verglichen. Nach wie vor bin ich der Meinung, dass Lauf-Apps eine tolle und günstige Alternative zu teuren GPS-Uhren sind. Doch es ist an der Zeit, die Apps noch einmal genauer unter Lupe zu nehmen. Was hat sich in der Zwischenzeit alles getan und hat es Nike vielleicht geschafft, die Lücke zu Runtastic PRO zu schließen?

Im Folgenden werde ich einige der Funktionen der beiden Apps erläutern, dann die Vorzüge beider herausstellen und mein Fazit ziehen. Abschließend gibt es eine Auflistung der wichtigsten Pro- und Contra-Argumente sowie eine Bewertung nach Schulnoten.

Nike+ Running vs. Runtastic PRO

Standardfunktionsumfang

Beide Apps erfassen die Trainingsdauer, zurückgelegte Distanz sowie Höhenmeter. Anhand dieser Daten werden dann Pace (min/km), Durchschnittsgeschwindigkeit und Kalorienverbrauch (mithilfe von persönlichen Körperdaten wie Größe und Gewicht) berechnet. Trainingsdauer, zurückgelegte Distanz und Pace kann man sich auch in regelmäßigen Abständen (in Distanz- oder Zeitintervallen) per Audiofeedback über den Kopfhörer ansagen lassen. Doch während die Runtastic App ein Audiofeedback über die Pace des letzten Kilometers gibt, bezieht sich die Nike+ App auf die Durchschnitts-Pace aller bisher zurückgelegten Kilometer. Ich persönlich präferiere letzteres, da man so einen wesentlich besseren Überblick über das Gesamttempo des Laufs erhält.

Auto-Pause

Bei beiden Apps lässt sich eine automatische Pausenfunktion aktivieren. Die Aktivität wird dann automatisch pausiert, sobald man anhält. So „ruinieren“ einem längere Wartezeiten an Ampeln nicht gleich die Pace. Praktisch ist die Funktion auch, wenn man mal kurz anhalten will, um ein schönes Foto zu schießen. Die Runtastic App verortet das Foto dann anhand des GPS-Signals. So kann man später genau nachvollziehen an welchem Punkt der Route das/die Foto(s) entstanden sind. Das Workout wird automatisch fortgesetzt, wenn man weiterläuft. Bei Runtastic erhält man später in der Ãœbersicht auch eine Info über die Dauer der Pause(n).

Höhenmeter

Mittlerweile erfassen beide Apps auch die Höhenmeter. Diese Funktion ist bei Nike neu hinzugekommen. Leider ist es wieder einmal eine der Neuerungen, die wenig durchdacht ist. So zeigt die App einen Gesamtwert über die positiven Höhenmeter des Laufs an und außerdem für jeden einzelnen Kilometer entweder einen positiven oder negativen Wert. Was genau dieser Wert nun darstellen soll, ist nicht ersichtlich. Was ist z. B. wenn ich auf einem Kilometer 10 Meter auf- und 15 Meter abwärts gelaufen bin? Zeigt die App dann +10, -15 oder vielleicht -5 an? Ich kann es nicht sagen. Zumindest entsprechen alle positiven Werte zusammen addiert nicht dem ausgewiesenen positiven Gesamthöhenunterschied. So oder so sind diese Angaben in meinen Augen daher völlig sinnentleert.

Viel besser wurde das bei der Runtastic App gelöst. Diese weist sowohl die positiven wie negativen Höhenmeter über die Gesamtdistanz als auch für jeden einzelnen Kilometer aus. Und wenn Start- und Endpunkt meines Laufs gleich sind, dann entspricht die Gesamtzahl der positiven Höhenmeter auch der der negativen Höhenmeter. Eben so, wie es logisch gesehen auch sein sollte. Überhaupt scheint die Messung der Runtastic App hier wesentlich akkurater zu sein. Auf der gleichen Strecke hat sie satte 167 Höhenmeter mehr gemessen als die Nike+ App. Wenn man die Werte der Runtastic App mal mit denen in Google Earth vergleicht, so stimmen diese im Wesentlichen überein.

Nike+ Running vs. Runtastic PRO
Die Darstellung der Höhenmeter ist bei Runtastic PRO (rechts) detailreicher und auch akkurater.

Vorzüge der Runtastic PRO App

Besonders positiv hervorzuheben sind bei Runtastic Features wie LIVE Tracking, Ghost-Run Funktion und Intervalltraining. Aktiviert man das LIVE Tracking, so können Freunde den Lauf anhand des GPS-Signals live über die Runtastic Website (bzw. über einen automatisch bei Facebook und/oder Twitter geposteten Link) mitverfolgen und Anfeuerungen senden. Das ist insbesondere dann attraktiv, wenn man besonders lange und intensive Strecken in Angriff nimmt. So hat man das Gefühl, nicht allein zu laufen und das pusht ungemein. Mittlerweile würde ich die Funktion auch nicht mehr als Akkukiller bezeichnen. Ich möchte fast behaupten, dass der Stromverbrauch durch die Aktivierung der Funktion (wenn überhaupt) nur minimal steigt.

Ein weiteres gutes Feature ist die Option, Intervalltrainings auswählen zu können. Intervallläufe verbessern nicht nur die Grundschnelligkeit, sie sind auch eine willkommene Abwechslung im manchmal monotonen Laufalltag. Die Runtastic App gibt genaue Audio-Anweisungen, welches Intervall gerade angebrochen ist und wie lange es noch durchzuhalten gilt. Sogar eigene Workouts lassen sich programmieren. Ich trainiere so z. B. immer nach der 30-20-10-Methode. Ferner können in Verbindung mit einem kompatiblen Pulsmesser Herzfrequenzzonen für die einzelnen Intervalle definiert werden.

Reizvoll ist auch die Ghost-Run Funktion, die Runtastic nach längerer Zeit der Abwesenheit wieder integriert hat. Sie ermöglicht es, mit sich selbst in Wettstreit zu treten. Jeder absolvierte Lauf kann dabei als Richtschnur dienen. Man kann also versuchen, seine Zeit von gestern oder gar vom letzten Sommer zu unterbieten. Per Audiofeedback weiß man dann immer, wie es im Wettstreit mit seinem früheren Ich gerade steht. „Du fällst zurück“, „Du holst auf“, „Du hast deinen Gegner gerade überholt“, „Dein Gegner fällt zurück, weiter so!“.

Positiv hervorzuheben ist außerdem die Möglichkeit, diverse andere Sportarten wie z. B. Radfahren mit der App zu tracken.

Runtastic PRO App Screenshots
Alle wichtigen Daten zum Lauf im Ãœberblick. Lediglich die Anzeige der Zwischenzeiten fehlt in der Runtastic App.
Nike+ Running App Screenshots
Bei Nike+ sieht das deutlich spartanischer aus. Die Idee mit dem Querformat ist allerdings gut. So reicht auch der Platz für die Anzeige der Zwischenzeiten aus.

Vorzüge der Nike+ App

Die Nike+ App hat dem praktisch nichts entgegen zu setzen. Vor einigen Jahren konnte man mal an virtuellen Wettbewerben teilnehmen und sich mit anderen Läufern aus seiner „Leistungsklasse“ messen. Mittlerweile kann man nur noch Freunde herausfordern und das auch nur in einer Disziplin. Es geht lediglich darum, wer als erster eine zuvor ausgelobte Kilometerhürde nimmt. Mal abgesehen davon, dass das recht langweilig klingt, kenne ich kaum Leute, die die App überhaupt noch nutzen. Und die wenigen, die es tun, sind läuferisch nicht auf einem vergleichbaren Niveau, was einen Wettstreit für keinen sinnvoll macht.

Vielleicht sollte man positiv hervorheben, dass kostenlose Trainingspläne für Distanzen zwischen 5 und 42,2 Kilometer in drei Stufen für Anfänger, Fortgeschrittene und Profis zur Verfügung stehen. Andererseits finde ich persönlich so etwas völlig überflüssig. Meines Erachtens stehen feste Pläne im Widerspruch zum Spaß am Laufen.

Ganz nett sind die vielen kleinen virtuellen Motivationen und Trophäen, die man sich mit der Nike+ App erlaufen kann. Auch ein Blick auf die persönlichen Bestleistungen (schnellste 5 km, 10 km, Marathonbestzeit oder weitester Lauf) kann durchaus motivierend sein. Leider sind diese Werte allzu oft völlig falsch (und das aus unerfindlichen Gründen).

Gut durchdacht ist dagegen die neue Stoppfunktion. Um einen Lauf zu beenden, muss man nicht länger wie beim Unlock über den Bildschirm wischen (was sich gerade dann schwierig gestaltet, wenn das Smartphone in einer Armtasche steckt), um dann das Workout beenden zu können, man hält den Finger nun einfach für einige Sekunden auf dem Display, bis sich ein Kreis um den virtuellen Stop-Button geschlossen hat. Das ist eine sehr gute UX.

Das eigentliche Highlight der App – und das ist dann schon etwas traurig – ist der Foto-Editor. So lassen sich nach dem Lauf Fotos auswählen, die man dann entweder einzeln oder in einer Collage mit den Daten des Laufs versehen und schließlich in sozialen Netzwerken posten kann. Das macht durchaus Spaß und auch ich poste dann und wann gerne Mal ein solches Bild auf meinem Twitterkanal.

Nike+ Running Foto Editor
Der Foto-Editor der Nike+ Running App ist zweifellos ein cooles Feature.

Fazit

Unterm Strich gibt es für mich diesmal einen eindeutigen Gewinner und der heißt Runtastic PRO. Nikes Updates sind nicht ausgereift und erweitern den Funktionsumfang kaum. Es fehlen viele Funktionen, um es ersthaft mit der Runtastic PRO App aufnehmen zu können. Von dem, was Nike+ in den Anfängen mal ausgezeichnet hat – nämlich die größte Lauf-Community der Welt zu sein – ist heute praktisch nichts mehr übrig geblieben. Im Gegenteil, man ist geradezu isoliert in seinem eigenen Nike+ Kosmos. Und die paar Freunde, die man bei Nike+ mal in seiner Liste hatte, zeichnen mittlerweile diverse Sportarten nur noch mit Runtastic auf. Gut gemeinte Funktionen wie die Ãœbersicht über persönliche Bestleistungen oder die Erfassung von Höhenmetern sind äußerst fehlerhaft und damit sinnfrei.

Bei Runtastic nervt zwar die omnipräsente Werbung, die immer wieder im eMail-Postfach landet oder auf der Website angezeigt wird, aber glücklicherweise ist die werbefreie App mittlerweile so gut, dass man das Web-Portal im Grunde überhaupt nicht mehr braucht. Lediglich die Anzeige von Zwischenzeiten (nur im Web-Portal verfügbar) sowie einen Überblick über persönliche Bestleistungen vermisst man in der App noch. Letzteres ist zwar ein Bestandteil der Premium-Mitgliedschaft, aber ich sehe nicht ein für eine solch banale Funktion noch extra zu bezahlen.

Dass die Runtastic PRO App regulär mit bis zu 5 Euro zu Buche schlägt, während die Nike+ App kostenlos ist, spielt in meinen Augen nur eine untergeordnete Rolle. Einerseits bietet Runtastic die App immer mal wieder kostenlos an, andererseits sind einmalig 5 Euro gemessen am Funktionsumfang der App nun auch nicht die Welt.

Den letzten Ausschlag Richtung Runtastic geben vermutlich eure Freunde. Mit ziemlicher Sicherheit wird es in eurem Freundes- und Bekanntenkreis wesentlich mehr Nutzer der zahlreichen Runtastic Apps geben als Nike+ User. Ein guter Grund, mit der Nutzung von Nike+ Running zu beginnen, will mir auch nicht einfallen. Und der einzige Grund, warum ich der App noch die Treue halte (aber auch meine Treue kennt Grenzen) ist der, dass ich mit meiner gesamten Laufhistorie nicht einfach umziehen kann, da Nike+ keine Möglichkeit zum Export der Laufdaten bietet.

Ein wenig erinnert mich die Konkurrenz der beiden Apps an jene zwischen facebook und studiVZ. Sogar farblich passt es. Rot scheinen allmählich die User davon zu laufen, was nicht zuletzt auch damit zusammen hängt, dass es an Innovationen und Verbesserungen mangelt. Doch im Unterschied zum Wettstreit der sozialen Netzwerke, scheint in diesem Fall der Folger dem Innovator (zumindest im deutschsprachigen Raum) den Rang abzulaufen.

Runtastic PRO

Plattform iOS, Android, Blackberry OS, Windows Phone
Preis bis zu 4,99 Euro

Pros

  • Auto-Pause
  • detaillierte Erfassung der Höhenmeter
  • Intervalltrainings
  • Erstellung eigener Workouts möglich
  • LIVE Tracking
  • Ghost-Runs
  • kompatibel mit Smartwatches
  • kompatibel mit diversen Herzfrequenzsensoren
  • übersichtliche Wochen-, Monats- Jahres- und Gesamtstatistiken
  • Facebook- und Twitter-Integration
  • berechnet Flüssigkeitsbedarf
  • erfasst die Dauer von Laufpausen
  • Newsfeed über Aktivitäten von Freunden
  • Musik aus anderen Apps (z. B. Spotify) abspielbar

Cons

  • Sprachinfo über Pace nur für den letzten km verfügbar
  • keine Anzeige von Zwischenzeiten in der App
  • kein Ãœberblick über persönliche Bestleistungen (nur für Premium-Kunden)
  • Trainingspläne kosten extra
  • kostenpflichtige Zusatzfunktionen für Premium-Kunden

Gesamtnote

2,0

Nike+ Running

Plattform iOS, Android
Preis kostenlos

Pros

  • Auto-Pause
  • Sprachinfo über Durchschnitts-Pace
  • Facebook-, Twitter-, Path- und Instagram-Integration
  • cooler Foto-Editor
  • Erfassung persönlicher Bestleistungen
  • virtueller Trophäenschrank
  • kostenlose Trainingspläne für 5-42,2 km (für Anfänger, Fortgeschrittene, und Profis)
  • Musik aus anderen Apps (z. B. Spotify) abspielbar
  • Schuhtracker

Cons

  • ungenaue Erfassung und unverständliche Präsentation der Höhenmeter
  • keine Intervalltrainings
  • keine Erstellung eigener Workouts möglich
  • kein LIVE Tracking
  • fehlerhafte Erfassung/Präsentation persönlicher Bestleistungen
  • Pulsmessung nur via Apple Health möglich (App lässt sich nicht mit Herzfrequenzsensoren verbinden)

Gesamtnote

3,5

*Ich beziehe mich in diesem Post auf die jeweils aktuelle App-Version für iOS. Es mag durchaus sein, dass einige der genannten Funktionen für andere Betriebssysteme nicht zur Verfügung stehen oder aber es Features gibt, die nur bei anderen Betriebssystemen funktionieren, nicht jedoch unter iOS.

9 Kommentare

    1. ein wort: armtasche. dann ist es kaum spürbar, dass man überhaupt ein smartphone dabei hat. die vorteile des smartphones liegen ja auf der hand. es ist mp3-player, telefon, fotoapparat, trainingscomputer und zukünftig wahrscheinlich sogar geldbörse in einem. insofern gibt es etliche gute gründe, das smartphone mitzunehmen. zumal es ja wie gesagt überhaupt nicht stört.

  1. Hallo, hätte mal eine Frage, nachdem ich immer die Nike App nutzte und nun zum ersten mal mit Runtastic lief..

    Kann man in der Runtastic keine Zwischenzeiten sehen?
    Sprich wenn ich 11km laufen, würde ich gerne in der abschliessenden Tabella sehen wie lange ich genau für 10 gebraucht habe?

    Bei Nike geht das aber geht das auch bei Runtastic direkt in der App?

    Dankeschön!

    1. du kannst in der runtastic app nur die pace für jeden einzelnen kilometer sehen, nicht jedoch die zwischenzeiten. steht auch im post oben und auch noch einmal in der pro-und-contra-tabelle. du kannst die zwischenzeiten entweder im portal einsehen oder während des laufens per audiofeedback erfahren. dazu musst du dann unter sprachcoach "dauer" aktivieren. das ist aber auch so ziemlich der einzige nachteil der runtastatic app gegenüber der nike+ running.

    2. es ist wirklich etwas blöd, dass die übersicht der zwischenzeiten fehlt. aber im grunde ist die pace schon der wichtigere wert. falls du dich noch nicht zwischen den apps entscheiden möchtest, kannst du übrigens auch beide parallel laufen lassen. das ist überhaupt kein problem.

      ich denke, dass du mit der zeit mehr und mehr gefallen an der runtastic app finden wirst. vergleiche allein mal die höhenmetermessungen. die werte bei nike sind völlig sinnentleert. für kleines geld kannst du auch problemlos einen pulsmesser mit der runtastic app verbinden, siehe hier:

      http://www.joggingsucks.de/2015/04/im-test-polar-h7-herzfrequenz-sensor.html

      und es lassen sich auch ganz einfach eigene workouts erstellen. mit intervalltrainings kann man z.b. sehr effektiv die fitness steigern und etwas abwechslung ins laufen bringen. siehe hier:

      http://www.joggingsucks.de/2014/06/durchschlagender-erfolg-die-30-20-10.html

      es wäre für mich in jedem fall interessant, zu erfahren, für welche app du dich am ende entscheidest und aus welchen gründen. also lass ruhig noch mal einen kommentar da, wenn es soweit ist!

    1. vielleicht braucht das neue einfach etwas zeit. war bei mir ähnlich. da ich nike+ quasi seit der ersten stunde genutzt habe, fiel es mir sehr schwer, mich auf runtastic umzustellen. eine ganze zeit habe ich immer beide apps aktiviert, da runtastic einfach deutlich mehr bietet. mittlerweile nutze ich nike+ aber praktisch gar nicht mehr.

      der funktionsumfang der nike app ist sehr überschaubar. auch die geschichte mit den höhenmetern nervt mich extrem. runtastic entwickelt sich dagegen ständig weiter. seit kurzem greift die app auch auf den motion prozessor des iphones (ab iphone 6) zu und gibt so auskunft über schrittfrequenz und schrittlänge. wieder einmal eine nette neuerung.

      was genau gefällt dir denn eigentlich an der nike app besser?

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