Im Test: Luna Sandals Original Luna

Luna Sandals Luna Original Traditionelle Huaraches

Nach meinen eher enttäuschenden Erfahrungen mit der Vivo Barefoot Achilles Laufsandale, begann ich damit, mich etwas näher mit den FiveFingers zu beschäftigen. Und wer weiß, hätte ich zu diesem Zeitpunkt bereits auf Bennys Erfahrungswerte zurückgreifen können – die er hier letzte Woche dankenswerterweise in seinem ersten Post zur Verfügung gestellt hat (siehe: Im Test: Vibram FiveFingers KMD Sport) – dann wäre ich jetzt vielleicht auch ein begeisterter Träger von einem Paar FiveFingers.

Doch es kam anders. Letztendlich gaben die undurchsichtige Produktpalette (es gibt ca. 30 verschiedene Varianten der FiveFingers), der relativ hohe Preis (irgendwo zwischen 80-150 Euro) und einige negativen Rezension den Ausschlag, mich gegen das Experiment FiveFingers zu entscheiden. Ich fühlte mich schlichtweg überfordert, das richtige Modell für mich zu finden. Auch die Kritiken an der Zehenabtrennung, die einige Läufer als unnatürlich und seltsam beschreiben, schreckten mich vom Kauf ab.

Mehr zufällig entdeckte ich dann – bei meiner Recherche über die Hauptcharaktere des Buches „Born to Run“ – Barefoot Teds eigene kleine Sandalenfabrik namens Luna Sandals. Den Barfuß-Guru Barefoot Ted habe ich euch erst kürzlich in einem Post-Zweiteiler vorgestellt (siehe: Teil I Teil II). Und da mich bereits beim Lesen von Born to Run die Laufsandalen der legendären Rarámuri faszinierten, war ich umso begeisterter, als ich erfuhr, dass Barefoot Ted und seine „Monkey-Crew“ eben solche Huaraches in liebevoller Handarbeit fertigen und diese in die ganze Welt verschicken.

Ich vermag gar nicht recht auszudrücken, was genau den Reiz an den Huaraches ausmacht. Vielleicht ist es ihre Simplizität, ihr Minimalismus, aber zweifellos haben sie etwas Mystisches an sich. Ich musste einfach ein Paar haben…

Luna Sandals Luna Original Traditionelle Huaraches
Die nur 7 mm starke Sohle (inkl. Lederfußbett) ist extrem flexibel und passt sich dem Fuß mit der Zeit an.

Da ich in erster Linie Huaraches für den Schönwetterlauf über Asphalt und feine Schotterwege suchte, fiel meine Wahl recht schnell auf die Original Lunas (heißt mittlerweile Traditional Venado). Sie sind mit einer Sohlenstärke von nur 6 mm (bzw. 7 mm inklusive Lederfußbett) perfekt für das Laufen auf planierten Pfaden und bieten laut Herstellerangaben auch das beste Bodengefühl aller Huaraches im Sortiment von Luna Sandals. Die Original Luna Sandale verfügt über ein traditionelles Schnürsystem mit Leder-, Hanf- oder Nylonband (Mehr über Luna Sandals und deren Produkte erfahrt ihr hier: Luna Sandals: Handmade Sandals from Seattle).

Optisch ist der Original Luna schon ein kleines Highlight, wirkt er doch wie ein Relikt aus längst vergangenen Tagen. Umso erstaunlicher ist es daher, auf welch effektive Art und Weise sich die Huaraches selbst mit einem schlichten Lederband schnüren lassen (Mehr zum Binden traditioneller Huaraches hier: Schnürvarianten). Die sogenannte Slip-on-Schnürmethode erlaubt es, mit nur einem Handgriff in die Sandale hinein- oder herauszuschlüpfen. Trotzdem bedarf es selbst bei Läufen über längere Distanzen i. d. R. keiner Nachjustierung. Letztendlich ist es aber reine Geschmackssache, auf welche Art man seine Huaraches nun bindet, mich hat die Slip-on-Methode allerdings so überzeugt, dass ich bisher dabei geblieben bin.

Wie bei allen neuen Laufschuhen gilt natürlich auch hier: Um Verletzungen vorzubeugen, ist ein langsamer Einstieg Pflicht. Am Besten gewöhnt man sich an die Sandalen, indem man sie zunächst im Alltag trägt. Und ich muss gestehen, dass sie so wahnsinnig bequem und praktisch sind, dass ich seit April überhaupt keine Schuhe mehr trage. Selbst in kühlen Nächten habe ich meine Schuhe nicht vermisst.

Auch das Laufen wird in den Luna Sandals zu einem wahren Genuss. Freilich wirkt es anfangs etwas ungewohnt, ja es fühlt sich regelrecht falsch an. Aber das muss es sogar, wie Laufcoach Ken Mierke versichert. „Man muss durch eine Phase gehen, in der man nicht mehr gut darin ist, falsch zu laufen und noch nicht gut genug, um es schon richtig zu machen“ (McDougall, Christopher: Born to Run, Pos. 3802). Es benötigt schlichtweg eine gewisse Ãœbung, ehe man sich an den natürlichen Laufstil gewöhnt hat. Gleiches gilt auch für das Laufen in Sandalen. Da hilft es ehrlich gesagt auch wenig, wenn man bereits einige hundert Kilometer in Minimalschuhen wie den Nike Free zurückgelegt hat. Die Beanspruchung der Fuß- und Wadenmuskulatur ist in Huaraches wesentlich intensiver und so ist der ein oder andere Muskelkater in der Anfangsphase praktisch unvermeidbar (Mehr zur Natural Running Lauftechnik erfahrt ihr übrigens hier: Natural Running: Eine Einführung).

Apropos Nike Free 3.0 V4, diesen Schuh habe ich hier im Test als bequemsten Schuh bezeichnet, den ich je getragen habe. Die Original Lunas spielen jedoch noch einmal in einer ganz anderen Liga. Näher kann man dem Barfußlaufen wohl wirklich nicht mehr kommen. Und bei einem Gewicht von gerade einmal 118 Gramm (Individualgröße), trägt man einen Hauch von Nichts an den Füßen, der lediglich noch dem Schutz der Fußsohlen dient. Das ist wahrer Minimalismus bzw. Purismus.

Der hervorragende Tragekomfort, nimmt mit der Zeit sogar noch zu, da sich die Sandalen praktisch an den Fuß anschmiegen und dessen Wölbung nachempfinden. Nach und nach bildet sich auf dem Lederfußbett außerdem eine schöne Patina, die für einen exzellenten Sitz der Huaraches sorgt.

Letztendlich sind Luna Sandals mehr als bloß Laufsandalen. Man kann und will sie den ganzen Tag über tragen. Nur Barfußlaufen ist noch schöner. Und sofern das Wetter mitspielt, fällt meine Schuhwahl stets auf die Original Lunas. Ich möchte diese Sandalen definitiv nicht mehr missen.

Luna Sandals Luna Original Traditionelle Huaraches

Zum Schluss noch ein Satz zur „Sozialverträglichkeit“ der Sandalen, wie es Benny in seinem Bericht über die FiveFingers genannt hat. Ich las bei ihm etwas Enttäuschung darüber heraus, dass den Leuten auf der Straße die FiveFingers offenbar kaum ins Auge fallen. Das ist bei den Original Lunas komplett anders. Sie sehen schließlich auch aus, als stammten sie aus einer anderen Zeit. Statt mit fester Schnürung oder Klettverschluss werden die Sandalen nur mit einem geradezu „kunstvoll“ gebundenen Lederband am Fuß fixiert.

Selbst im normalen Alltag wandern die Blicke entgegenkommender Menschen immer wieder auf die Huaraches. Geradezu witzig wird es dann jedoch beim Laufen in diesen Sandalen. Mitunter kann es sehr unterhaltsam sein, die Reaktionen in den Gesichtern der Leute zu beobachten, wenn ihnen die Huaraches erstmals auffallen. Staunen, Skepsis oft gefolgt von ungläubigem Kopfschütteln in Kombination mit einem netten Lächeln oder Schmunzeln. Auch in Gesprächen muss man stets versichern: „Ja, ich laufe tatsächlich in diesen Sandalen und es ist großartig!“ Nun ist Marburg zwar keine Großstadt, kuriose Menschen und Kleidungen gehören hier aber ebenso zum Stadtbild, wie in jeder Metropole.

Noch fühlt man sich in den Huaraches wie ein Exot, aber ich kann wirklich nur jedem Leser dazu raten, sich ein solches Paar zuzulegen. Ihr werdet es bestimmt nicht bereuen! Die Huaraches sind eine regelrechte Befreiung der Füße. Selbst jenen, die sie (noch) nicht zum Laufen nutzen wollen, seien die Huaraches wärmstens empfohlen. Sie sind sicherlich bequemer und in meinen Augen sogar stilvoller als jeder Sommerschuh, jede Sandale und jeder Flip-Flop. Und ganz sicher sind sie keine Massenware, sondern ein kleines Stück Individualität, gefertigt in liebevoller Handarbeit.

Wie dieses flammende Plädoyer vermuten lässt, ist meine Begeisterung für die Huaraches ziemlich groß. In Anlehnung an das berühmte Filmzitat aus „Men in Black“ bin ich gar geneigt zu sagen: „Dies ist das letzte paar „Schuhe“, das du in deinem Leben tragen willst.“

 

Typ Straßen-/Freizeitsandale
Sohlenstärke 6 mm
Sohlentyp profillos
Sprengung 0 mm
Fußbett 1 mm Leder
Schnürung 6 mm Lederband
Gewicht 118 g
Preis 65 US-Dollar

Pros

  • extrem hoher Tragekomfort
  • passt sich dem Fuß perfekt an
  • extrem flexible Sohle
  • perfektes Bodengefühl
  • atmungsaktiv
  • absolut alltagstauglich
  • in Handarbeit gefertigt
  • hoher Kultfaktor

Cons

  • ungeeignet bei Nässe, da das Lederfußbett rutschig wird
  • ungeeignet für Trails

Gesamtnote

1,5

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